Liebe Springstunde (Freistunden zwischen den einzelnen Unterrichtsblöcken bei Lehrern), 
du bist gehasst, unbeliebt und gefürchtet an jeder Schule. Niemand will dich haben, aber dennoch bist du ein relevanter und wichtiger Bestandteil einer jeden Schule. Ohne dich kann es keinen Stundenplan für die Schülerinnen und Schüler geben. Über dich wird mit Kolleginnen und Kollegen gesprochen und verglichen, um dich loszuwerden. Du bist immer Gegenstand der Diskussion, wenn es einen neuen Stundenplan gibt. Jeder weiß, es muss dich geben, aber haben will dich keiner. Du bist so berühmt, dass du es sogar ins Beamtengesetz geschafft hast. Aber warum mag dich fast keiner? Ich habe dich nämlich sehr zu schätzen gelernt.

Eine ganz persönliche Sicht- und Herangehensweise an die Springstunde.

Lasst mich eines gleich zum Anfang festhalten: auch ich möchte nicht unverhältnismäßig viele Freistunden in meinem Stundenplan haben, aber ich habe meine Einstellung an die Springstunde geändert. Seitdem ich im Schuldienst tätig bin, habe ich immer ungefähr 4 bis 6 Freistunden (das ist auch schon das für mich vertretbare Maximum). Am Anfang war es mir auch immer ein Anliegen einen Stundenplan so kompakt wie möglich zu bekommen. Schließlich führt dies dazu, dass ich früher daheim bin. Ich kann verstehen, dass sich jede Kollegin und jeder Kollege darüber freut – geht mir ja nicht anders. Nur leider ist das aus Stundenplanersicht und mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler und deren Stundenplan ein Ding der Unmöglichkeit, allen Lehrern einer Schule einen Stundenplan zu bauen, welcher keine Freistunden enthält.

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Reinhold Niebuhr

Ich denke es ist klar, dass wir hier in einem Bereich sind, in dem wir die Dinge nicht ändern können. Wie also damit umgehen? Ich nutze meine Freistunden für mich. Ziel ist es in dieser Zeit etwas für mich zu tun bzw. mir Freiräume für einen späteren Zeitpunkt schaffen. Was mache ich also ganz konkret in meinen Freistunden? Ich probiere in dieser Zeit alles zu erledigen, was ich sonst nach der Schule zu Hause erledigen müsste. Ich kontrolliere Arbeiten, konzipiere Unterrichtsstunden, führe Elterngespräche, kontrolliere die UBs meiner Referendare, … . Wenn es keine zwingend notwendigen Aufgaben im schulischen Bereich gibt, habe ich an meiner Schule das Privileg, dass wir über einen hervorragend ausgestatteten Fitnessraum verfügen, sodass ich mein Fitnessprogramm ebenfalls in der Schule erledigen kann. Ich komme in Summe zwar später nach Hause wie meine Kolleginnen und Kollegen, welche einen kompakten Stundenplan ohne Springstunden haben, aber dafür muss ich normalerweise zu Hause minimal wenig bis gar nichts mehr erledigen und kann voll und ganz für meine Familie da sein.

Jetzt kann man zu Recht kritisch anmerken, dass nicht jede Schule über einen Fitnessraum verfügt und man somit die eigene Gesundheit in den Nachmittag verschieben muss. Ich denke das ist durchaus vertretbar, aber die Laufschuhe kann jeder einpacken und etwas für seine Fitness und Gesundheit tun. Ein weiterer Kritikpunkt ist natürlich, dass Lehrer nicht über einen eigenen Arbeitsplatz verfügen und somit schlecht ihre schulischen aufgaben abarbeiten können. Eine der einfachsten Lösungen wäre sich Noise-Cancelling-Kopfhörer zu besorgen und schon kann man im Lehrerzimmer ebenfalls arbeiten. Eine weitere Lösung für das Arbeitsplatzproblem wäre es beim Stundenplaner nachzufragen, ob ein Raum in der Schule während der eigenen Freistunden zur Verfügung stehen könnte.

Als Schulleitung wäre es natürlich toll, ein oder mehrere Räume als zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Auch das sind durchaus machbare Möglichkeiten, um die Arbeitszufriedenheit im Kollegium zu steigern. Da die Digitalisierung auch in der Schule immer weiter voranschreitet und auch die Unterrichtsmaterialien dem entsprechend ebenfalls digital werden, hat man seine Unterrichtsmaterialien immer dabei.

Wenn es also wieder einmal einen neuen Stundenplan in deinem Fach gibt, dann sieh die möglichen Springstunden als Chance, alles zu erledigen, was du sonst zu Hause erledigen würdest. Nimm dir einen Raum in der Schule und kontrolliere deine Arbeiten doch mal vor Ort oder pack die Laufschuhe ein und mache dein Fitnessprogramm während deiner Arbeitszeit. Springstunden gehören zu unserem Job dazu und bieten mit der richtigen Einstellung auch eine Chance für die eigene Work-Life-Balance.

Wie seht ihr die Springstunden und was sind eure Tipps und Tricks?