Vom Warum? – ĂŒber das Wie? -zum Was? hin zu Leidenschaft, Zufriedenheit, ProduktivitĂ€t und mehr Zeit!
Wenn es bei Familienfeiern oder im Kreis meiner Freunde/Bekannten um meinen Job geht, sind meistens genau zwei Reaktionen dominierend. Entweder ich ernte Mitleidđ„ș, dass ich den schlimmsten Job der Welt habe, da die Jugend von heute unmotiviert, dumm und unerzogen ist und somit das personifizierte Böse. Meistens kommen diese Reaktionen von âĂ€lterenâ Menschen (frĂŒher war halt alles besser). Oder ich werde beneidetđ, da ich nur vormittags âarbeiteâ und nachmittags frei habe. Meine Vorbereitung des Unterrichts besteht darin, das richtige Video aus YouTube oder die richtigen Buchseiten herauszusuchen und in der Zeit meines Unterrichts den kommenden Urlaub in den Ferien zu planen. Meistens kommen diese Reaktionen von âjĂŒngerenâ Personen. Kommt dir das bekannt vor?đ€š
Beide Personengruppen sind gleichermaĂen ĂŒberrascht und verwundert, wenn ich meinen Arbeitsalltag etwas nĂ€her beschreibe. Der besteht nĂ€mlich nicht aus Urlaubsplanung oder Kindern, welche mich mit Papier im Unterricht bewerfen. Er besteht aus wertstiftender Arbeit. Ich bringe Kindern und Jugendlichen Wissen und Werte nĂ€her, die sie in ihrem spĂ€teren Leben benötigen. Ich begleite Heranwachsende in der wichtigsten und prĂ€gsamsten Zeit ihres Lebens. Der Lehrerberuf ist fĂŒr mich groĂartig! Ich kann dir zeigen, wie ich das schaffe und du das auch schaffen kannst.
Der Beruf des Lehrers kann aber auch unfassbar anstrengend und aufreibend sein. Man ist froh, sich ins Wochenende oder die Ferien zu retten. Es gibt Tage, da weiĂ man nicht, wo man zuerst anfangen soll. Da war die super vorbereitete 90min Stunde fĂŒr die FĂŒĂe, weil ein SchĂŒler den Unterricht gesprengt hat. Die sich anschlieĂende Pause wird genutzt, um mit dem SchĂŒler ĂŒber sein Verhalten zu sprechen. Hierbei erfĂ€hrt man, dass seine Mutter schwer krank ist. Leider klingelt es zur nĂ€chsten Stunde, so dass man zum einen dem SchĂŒler nicht gerecht werden kann und zum anderen das eben Gehörte nicht verarbeiten kann. Die andere Klasse wartet schon auf einen. In der groĂen Pause hofft man mit einer Kollegin/ einem Kollegen zu sprechen, um sich zu beraten, wie man dem Kind helfen kann. Leider hat man Pausenaufsicht. Also plant man das fĂŒr die zweite groĂe Pause. Auch hier kommt man nicht dazu, weil im Unterricht einer anderen Kollegin/ einem anderen Kollegen ein SchĂŒler aus der eigenen Klasse zum wiederholten Male nicht anwesend war. Man berĂ€t sich kurz, wie jetzt damit umzugehen ist. Da kommt auch schon der Gong zum Unterricht. Nach Unterrichtsende kann man dann den Fall zum einen in Ruhe fĂŒr sich selbst klĂ€ren und sich eventuell mit einem Kollegen/ einer Kollegin telefonisch beraten. Im Anschluss daran muss ja noch die Klassenarbeit zumindest begonnen werden zu kontrollieren. Gegen Abend kann ich mir dann noch einen Kopf machen, was morgen auf dem Plan steht, um einen individuellen Unterricht, welcher jeden der 27 SchĂŒler der Klasse individuell weiter bringt, zu planen. Mit RĂŒckblick auf diesen Tag habe ich vergessen genĂŒgend zu trinken, zu essen und auch mal kurz abzuschalten. Mein Privatleben muss in einem solchen Tag auch noch irgendwie eingefĂŒgt werden.
Manchmal frage ich mich nach solch einem Ă€tzenden Tag in der Schule: Warum mache ich das? Warum flieĂen mal die Gedanken fĂŒr den Unterricht oder das Klassenmanagement nur so aus mir heraus, ich bin voller Energieđ„ wĂ€hrend des Unterrichts und manchmal herrscht gĂ€hnende Leere! đ©
Um eine andere Betrachtungsweise auf dieses jedem bekannte Dilemmata zu bekommen, schauen wir uns einmal den wunderbaren TED-Talk von Simon Sinek an.
Simon SinekÂŽs Golden Circle

âPeople donât buy what you do, they buy why you do it.â
Simon Sinek
Die Frage nach dem Warum? hat Einfluss auf jede Ebene des Lebens. Es gilt nicht nur fĂŒr das Verkaufen, sondern es gilt auch fĂŒr unsere Beziehungen und unsere FĂ€higkeiten, auf andere zu wirken.
Was steckt wissenschaftlich hinter dem Warum?
- Betrachten wir das Was? im Ă€uĂeren Bereich des Kreises, sind das die Aktionen, die wir ergreifen, um unser Warum? zu erreichen. Dies ist in unserem Neokortex verankert, welcher fĂŒr das rationale und analytische Denken verantwortlich ist.
- Das Wie? im mittleren Bereich besteht aus unseren FÀhigkeiten, welche uns einzigartig machen. Indem wir unsere StÀrken ausspielen und so oft wie möglich unser bestes Ich sind, erreichen wir unser Warum?.
- Im Mittelpunkt steht das Warum?. Es steht fĂŒr all das, was uns wichtig ist. Die Bereiche Wie? und Warum? stimmen mit dem Limbischen Gehirn ĂŒberein. Dieses ist fĂŒr unsere GefĂŒhle, unser Verhalten und unser Entscheidungsfindung verantwortlich.
Beginnen wir mit dem Warum?!
Um die Frage des Warums zu beantworten, muss die Frage geklÀrt werden: Was ist mein Warum? Warum bin ich Lehrer?
Hmmm, eine gute Frage. Weil es ein toller Job ist, er macht mich glĂŒcklich, mit jungen Erwachsenen/Kindern zu arbeiten macht Sinn, ich habe viel frei đâŠ? Ist die Frage vielleicht zu kompliziert? Kann ich sie so einfach beantworten?
Was bringt es ĂŒberhaupt ĂŒber das Warum? nachzudenken? Wenn ich mein Warum? kenne, kann ich mich darauf konzentrieren, meine StĂ€rken darauf entwickeln, vorhandene ausbauen und widme mich meiner Arbeit mit mehr Leidenschaft. Ich weiĂ, warum ich es mache. Ich erkenne den Sinn! Ich lerne viel ĂŒber mich selbst. Die eigene Bestimmung kommt aus dem Nebel der Gedanken und wird klar und deutlich erkennbar. Sobald ich das Warum? einmal fĂŒr mich festgestellt habe, passiert etwas Magisches: Ich bin glĂŒcklicher und produktiver.
Was ist es, was mich die Freiheit von Leidenschaft erreichen lÀsst? Was lÀsst mich am Lehrersein lÀcheln?
âJeder Mensch, der sich fĂŒr etwas engagiert, hat eine bessere LebensqualitĂ€t als andere, die nur so dahinvegetieren.â Bruno Kreisky
Wenn man die Allgemeinheit fragt, warum Menschen Lehrer werden, so landen wir schnell bei den Bildern âVormittags recht â Nachmittags freiâ, âBis 12 Uhr arbeiten und dann freiâ, â6 Wochen am StĂŒck freiâ, ⊠Diese Stigmata lĂ€cheln wir weg und stellen uns selbstbewusst und offen die Frage nach dem Warum?
Eine gute Möglichkeit, um dem Warum? auf den Zahn zu fĂŒhlen, ist die âGrabredeâ. Was möchte ich, dass ĂŒber mich an meinem Grab von meinen Kolleginnen und Kollegen und SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern gesprochen werden soll? Wie soll mich meine Umgebung in Erinnerung behalten? Also, los gehtÂŽs â lasst uns zusammen ĂŒber das Warum? schreiben.
Widmen wir uns vom Ende đ her der Frage: âWarum bin ich Lehrer?â
âWenn ich ein Anliegen, ein Problem, eine Frage hatte, war Herr KrĂŒger fĂŒr mich da. Er nahm sich Zeit und widmete sich meinem Anliegen voll und ganz.â Ich möchte als ein Lehrer in Erinnerung behalten werden, der fĂŒr seine SchĂŒlerinnen und SchĂŒler da war. Warum? Diese jungen, noch heranwachsenden Individuen mĂŒssen noch ihren Weg finden, den sie beschreiten möchten. Ich möchte ihnen helfen einen Weg fĂŒr sich zu finden, den sie mit Erfolg gehen. Warum? Mir bereitet es Freude anderen Menschen zu helfen.
Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, anderen zu helfenâ€ïž!
âHerr KrĂŒger nahm mich ernst.â Ich möchte als Lehrer wahrgenommen werden, dem die SchĂŒler vertrauen können. Warum? Was gibt es Wichtigeres als Vertrauen? Wie oft sind wir schon dem Trugschluss erlegen, dass wir die Belange von Anderen nicht ernst genommen haben? Mir ist es auf jeden Fall schon passiert. Warum? Weil ich mich âĂŒberâ diese Personen gestellt habe. Ich dachte von vornherein, dass die Belange nicht so eine groĂe Wichtigkeit haben. Ich möchte die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler ernst nehmen. Warum? Wenn sich ein Kind mir öffnet und mir seine Ăngste oder Probleme anvertraut, dann ist das ein groĂer Vertrauensvorsprung. Ich möchte mich dem Anliegen des SchĂŒlers voll und ganz widmen. Manchmal hilft es einfach zuzuhören, weil es sonst niemand macht. Mir bereitet es Freude, Heranwachsenden zuzuhören und gemeinsam Lösungen zu finden. Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, Lösungen đĄ zu finden.
âBei Herrn KrĂŒger hat mir der Unterricht SpaĂ gemachtâ. Ich möchte, dass die SchĂŒler mit Freude in meinen Unterricht gehen: Warum? SpaĂ ist wichtig. Wenn SchĂŒlerinnen und SchĂŒler heute zur Schule gehen, verbringen sie dort circa 6 bis 9 Stunden. Jetzt stelle ich mir vor, wie schrecklich es sein muss an einen Ort so eine lange Zeit zu gehen, ohne SpaĂ daran zu haben. Ohne Freude kann Lernen nicht funktionieren.
Mir bereitet es Freude, Menschen zum LĂ€cheln zu bringen und Freude zu verbreiten. Mit Freude lernt es sich leichter. Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, Freude đ am Lernen zu vermitteln.
âWenn ich im Unterricht von Herrn KrĂŒger war, habe ich wirklich etwas gelernt.â Ich möchte SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern Wissen vermitteln. Warum? Ist das nicht die Hauptaufgabe eines Lehrers? Ja, es ist der Kern meiner Arbeit und muss Gegenstand all meiner Unterrichtsstunden sein. Die Welt ist voller spannender Dinge, die es zu entdecken gilt. Meine Aufgabe ist es, diese Dinge SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern so nĂ€her zu bringen, dass sie einen Wert fĂŒr sie haben. Jetzt kann man zurecht die Frage stellen, warum es dann nicht an erster Stelle steht. FĂŒr mich ist das Lehren mehr als eine reine Wissensvermittlung. Warum? Wenn ich jemanden etwas beibringe und er/sie den Grund dahinter versteht und ich es auch noch schaffe, dass er oder sie es mit Freude (Leidenschaft) macht, dann wird dieses Wissen viel nachhaltiger sein. Wenn die Person es nur mir zuliebe macht â auch gut.
Mir macht es SpaĂ, Wissen so zu vermitteln, dass die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler die Inhalte nicht nur verstehen sondern auch behalten. Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, Wissen đ§Ź zu vermitteln.
âWenn man ihn im Lehrerzimmer oder sonst wo um Hilfe gebeten hat, war er immer fĂŒr einen da.â Ich möchte fĂŒr meine Kolleginnen und Kollegen da sein. Warum? Wenn man an Schule denkt, liegt der Fokus meist nur auf den SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern. Dies ist natĂŒrlich auch naheliegend, aber im Umfeld von Schule arbeiten auch andere Menschen. Es macht das Leben im durchaus auch schwierigen Umfeld von Schule einfacher, wenn man sich untereinander hilft. Warum? Ein Perspektivwechsel sorgt manchmal fĂŒr Wunder. Wenn ich mich mit Kolleginnen und Kollegen zu einer Thematik austausche, sorgt es nicht selten dafĂŒr, dass ich eine neue Sichtweise auf die Thematik bekomme und so das Problem löse oder den Unterricht anders angehe. Mir bereitet es Freude, fĂŒr meine Mitmenschen da zu sein. Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, mich mit meinen Kollegenđ€ auszutauschen.
âHerr KrĂŒger machte den Lernort Schule durch seine Ideen und Engagement zu einem besseren Ort.â Ich möchte Schule gestalten und verĂ€ndern. Warum? Wenn SchĂŒlerinnen und SchĂŒler einen groĂen Teil ihres Lebens in der Schule verbringen, sollte die Schule, die sie besuchen, das Maximale aus den eigenen Möglichkeiten machen. Sie sollte den perfekten Lernort darstellen. Mir bereitet es Freude, Dinge zu verĂ€ndern. Der Lehrerberuf bietet so viele spannende Möglichkeiten, Dinge zu verĂ€ndern. Sei es Lernwege von SchĂŒlern zu gestalten oder die Schule als Ganzes zu verĂ€ndern. Das Lernen muss sich verĂ€ndern bzw. den Gegebenheiten anpassen, weil sich die Lernenden und die Bedingungen stĂ€ndig verĂ€ndern. Wenn ich an meine eigene Schulzeit denke und diese mit heute vergleiche, so hat sich sehr viel getan. Mir bereitet es Freude, Schule anders zu denken, so dass sie fĂŒr die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler zu einem noch besseren Lernort wird. Meine Leidenschaft am Beruf Lehrer ist es, zu gestalten đ«.
Schaue ich auf meine Leidenschaften als Lehrer (Helfen, Lösungen, Freude, Wissen, Kollegen und Gestalten) und baue meinen Unterricht und meine Arbeitszeit um diese Leidenschaften herum, werde ich glĂŒcklicher und produktiver sein. Ich komme ausgehend vom Warum? zum Wie! Dadurch, dass ich meine Warum? Kenne, kann ich mich auf diese fokussieren und gestalte meine ProduktivitĂ€t und KreativitĂ€t um diese Dinge. Am Ende gewinne ich neben Zufriedenheit auch noch Zeit. Wie ich das Wie konkret anwende, zeige ich hier.
Warum bist du Lehrer oder willst es werden?
Das ist so inspirierend! Danke fĂŒr deine Einblicke und vor allem DenkanstöĂe. Ich hatte danach viel zum nachdenken. Mach weiter so.
Danke fĂŒr dein Feedback. Das motiviert mich ungemein.
Hallo Christoph! Darf ich sagen, dass ich sehr stolz auf dich bin? Alles, was du hier so schreibst, zeigt, dass du deinen Beruf mit sehr viel Herzblut ausĂŒbst. Deine Beschreibung des Lehrerarbeitstages finde ich sehr gelungen und ich mir stehen dadurch viele solcher Tage vor Augen.
Ganz toll und informativ finde ich auch dein Interview mit Mayk!
Ich grĂŒĂe euch beide aus dem Ruhestand, den ich seit 6 Tagen genieĂe. Bewahre dir diese tolle Einstellung ( die meiner sehr nahe kommt). Ich freue mich auf weitere
„Schulgelaber“ von dir !
Hey,
vielen lieben Dank fĂŒr deine wundervollen Worte. Das motiviert ungemein. Ich wĂŒnsche dir alles erdenklich Gute fĂŒr deinen wohl verdienten Ruhestand.
Vielen Dank!